Social Media: Funktioniert auch „heavy stuff“ als Content?
Wir wissen: Katzenbilder gehen immer. Je flacher der Content, desto mehr Likes und Interaktionen scheint ein Beitrag zu bekommen. Für viele Unternehmenspräsenzen in den sozialen Netzwerken ist der Fokus auf seichte Inhalte kein gangbarer Weg. Eignet sich auch „heavy stuff“, etwa komplexe Themen oder anspruchsvolle Texte, als Content?
Wir haben jemanden gefragt, der es wissen muss: Auf der Twitter-Timeline von Klaus Eck wird man Cat Content vergeblich suchen, dennoch zählt er über 44 Tsd. Follower. Er ist Geschäftsführer seiner Content-Marketing-Agentur d.Tales, PR-Blogger und Autor u. a. bei Medium, WuV und t3n.
„Witzig zieht immer“ – das sagen sogar PR-Profis. Wie stehen Sie zu der Aussage?
Auf Witze und Entertainment setzen vor allem die Marketiers. Dennoch kann Humor das gewisse Extra in der Online-Kommunikation sein, welches den eigenen Content zum Fliegen bringt oder falsch angewendet ein Thema für die Krisen-PR wird. Content mit einem gewissen Witz kann im richtigen Umfeld sehr gut funktionieren, ist aber nicht immer einfach zu produzieren. Wir kennen alle die Azubi-Youtube-Videos, die auf Humor setzen wollten, aber dadurch eher ein Grund zum Fremdschämen sind. Cat Content ist keine Allzweckwaffe. Viele Onliner erwarten von einer Marke relevante Inhalte, die zu ihr passen und dem Kunden bei einer Problemlösung helfen, und keinen Spaß-Content. Möchte ich mich beispielsweise über ein neues Gadget informieren, sind mir Daten, Fakten und Funktionen wesentlich wichtiger als unterhaltsame Videos. Wer seine Hausaufgaben jedoch gemacht und insgesamt exzellenten Content anzubieten hat, darf sich auch auf Humor einlassen. Dieser gehört zur authentischen Kommunikation einfach dazu, aber es sollte in der richtigen Mischung geschehen. Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG haben es mit ihren Social Media Aktivitäten vorgemacht, wie man mit Berliner Humor und Kundenorientierung sehr gut punkten kann.
Stichwort Engagement: Wie kann ein Unternehmen eine hohe Interaktion erzeugen und dabei auf Gifs, Memes und Tier-Content verzichten?
Verzichten müssen Marken nicht auf dieses Visual Storytelling, aber sie sollten es sehr gut beherrschen. Richtig angewandt, ergänzt es mitunter die Content-Strategie sehr gut. Wenn ich jedoch weiß, welche Inhalte besonders gut bei meinen Stakeholdern ankommen, kann ich mit entsprechend wertigen Inhalten hohe Interaktions- und Abrufzahlen erzeugen. Sehr geeignet sind Infografiken, die die Themen anschaulich und gleichzeitig informativ aufbereiten, sodass sie „shareable“ sind. Zudem kommen Video-Formate gut an, die einen Blick hinter die Kulissen gewähren oder Themen und Zusammenhänge erklären. Hierbei haben wir bei d.Tales sehr gute Erfahrungen mit Influencer Relations gemacht. Über bekannte Blogger, Twitterer und Youtuber kann eine Marke ihre Zielgruppen noch passgenauer erreichen.
Content is King, Context is Queen. Inwiefern helfen Zusammenhänge der Aufmerksamkeit?
Auf den Kontext kommt es immer an. Wenn jemand derzeit kein Interesse an meiner Marke hat, kann ich ihn nicht so leicht umstimmen. Aber abhängig von seinen Interessen kann ich zumindest das Vertrauen erhöhen, wenn ich ihn bei seinen konkreten Informationsbedürfnissen direkt unterstütze. Je granularer ich meine Inhalte aussteuere, je feiner ich sie auf die Lese- und Seh-Bedürfnisse meiner Stakeholder abstimme, desto besser.
Es gibt viel zu viel Content in unserer Welt, der auch nicht mehr weniger wird. Um dennoch jenseits des Content Shocks noch die Kunden zu erreichen, müssen unsere Markenbotschaften auf den Kanälen offeriert werden, auf denen diese unterwegs sind. Dabei dürfen die Inhalte nicht mehr werblich sein. Darauf reagieren Onliner allergisch und blenden ihn aus. Die Algorithmen unterstützen sie dabei.
Wenn wir uns in unserer Customer Journey über Autos informieren, sind wir empfänglicher für Berichte, Tests und Vergleiche, die sich mehr oder weniger detailliert mit Autos beschäftigen. Bin ich jedoch mit meinem Auto zufrieden, sortiert unser Verstand solche Beiträge schnell als „gerade nicht relevant“ aus und wir scrollen in unserem Newsfeed weiter.
Es müssen nicht immer Facebook, Twitter und Co. sein. Welche Netzwerke empfehlen Sie, die möglicherweise fruchtbaren Boden für erklärungsbedürftige Inhalte bieten?
Selbst wenn Snapchat derzeit eher von Jüngeren genutzt wird, sollten Unternehmen diese Plattform nicht aufgrund eigener Vorbehalte ignorieren, sondern überprüfen, was sie von den dortigen Mechanismen für sich nutzen können. Grundsätzlich kommt es jedoch bei der Auswahl der Plattformen darauf an, welche Zielgruppe ich erreichen möchte. Erklärungsbedürftige Inhalte lassen sich unterschiedlich kategorisieren. Erkläre ich etwas in Bildern, im Text, in einer Mischform von beidem oder im Video- oder Audio-Format?
Auch nicht außer Acht lassen sollten Unternehmen die eigenen Kanäle wie ein Corporate Blog oder einen Video- oder Podcast. Letztendlich sind die verschiedenen Social Networks vor allem Distributionsplattformen für Content. Wenn es sich um Fachthemen handelt, kann es sich darüber hinaus lohnen, diese in einem Portal oder einer Community zu platzieren.
Sie gehen mit flachem Content sehr spärlich um. Aber Hand aufs Herz: Jeder hat ein favorisiertes Meme. Welches ist Ihres?
Ich bin mit dem Spruch: „Das Internet ist ironiefrei“ online sozialisiert worden. Es entstehen sehr schnell viele Missverständnisse.
Mein flacher Content auf Twitter zeigt, wie wann und wohin ich mit der Bahn reise. Das scheinen mir dennoch nicht allzu viele auf Twitter @klauseck übel zu nehmen.
Aber ein Meme gefällt mir tatsächlich: Confused Travolta – dieser passt einfach in jede Umgebung.
Finden wir auch – darum steht Travolta hier im APA-Campus Schulungsraum.
Klaus Eck ist Geschäftsführer der Eck Consulting Group. Im November 2015 hat er die Content-Marketing-Agentur d.Tales gegründet. Der Berater und Keynotespeaker unterstützt seit mehr als 20 Jahren Marken bei der Digitalisierung von Unternehmens-, Marketing- und Kommunikationsprozesse. Er hat vier Fachbücher und zahlreiche Publikationen in Zeitschriften über Content-Marketing und Reputation Management veröffentlicht. Darüber hinaus betreibt er seit 2004 das Fachmedium PR-Blogger. Außerdem ist er Lehrbeauftragter an der Electronic Media School in Potsdam (Content-Marketing), FH Joanneum in Graz (Content Strategy) und an der Hamburg Media School (Digital Journalism).
Erfahren Sie mehr über die Workshops von Klaus Eck im APA-Campus.
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