20.06.2012 | 3:09 PM | Kategorie:
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Europa wird gemacht. Auch in Österreich.

Die Debatten um Staatsschulden und Sparpolitik halten im Moment Europa in Atem. Am vergangenen Sonntag schauten wir alle gebannt nach Griechenland, zur so genannten Schicksalswahl. Nach dem Sieg der konservativen Kräfte konnte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel beruhigt zum G20-Treffen nach Mexiko abfliegen. Das Aufatmen wurde weit geteilt und der zweite Blick galt Frankreich. Dort hat François Hollande, auch er das Ergebnis so einer Schicksalswahl, nun eine stabile Mehrheit im Parlament hinter sich.

Das Schicksal Europas liegt nun also in den Händen der Genannten? Ja, auch, aber nicht nur in ihren. Es wird Zeit, die Augen auch wieder auf Österreich zu richten.

Zwei wesentliche Antworten der europäischen Politik auf die Krise sind der Europäische Stabilitätsmechanismus, kurz ESM, und der Europäische Fiskalpakt. Der ESM ist eine Initiative der Euro-Gruppe, in der die Finanz- bzw. Wirtschaftsminister der Euroländer vertreten sind. In dieser Gruppe wurde der Vertrag bereits von allen Euroländern unterzeichnet. Der ESM soll als internationale Finanzinstitution mit Sitz in Luxemburg gegründet werden, aus Beiträgen der Mitgliedsländer gespeist werden, und mit diesen Mitteln seinen Mitgliedsländern in Finanznöten Kredite bereitstellen. Der Fiskalpakt wiederum wurde im Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs beschlossen. Alle EU-Mitgliedsländer außer Großbritannien und Tschechien haben ihn dort unterzeichnet. Kernstück dieses Paktes ist die Einführung von Schuldenbremsen in allen Vertragsstaaten.

Beide Verträge können aber erst nach Ratifizierung durch die Parlamente der Vertragsstaaten in Kraft treten. Österreich ist nicht das einzige Land, in dem beide Ratifizierungen noch ausständig sind. Seit Ende März liegen die Verträge zum ESM und zum Fiskalpakt dem Nationalrat vor. Dort sind nun die Abgeordneten am Zug.

Die Möglichkeiten des österreichischen Parlaments erschöpfen sich dabei aber nicht in den Alternativen Zustimmung oder Ablehnung, wie sich aktuell am Beispiel des ESM zeigt. Da für die Ratifizierung des ESM eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, gab es hinter den Kulissen Verhandlungen zwischen den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP und den Grünen. Die anderen beiden Parlamentsparteien, FPÖ und BZÖ, hatten sich von vornherein strikt gegen den ESM und etwaige Verhandlungen ausgesprochen.

Erste Ergebnisse der Gespräche von Regierungsparteien und Grünen sind seit letzter Woche bekannt. Die Österreichische Mitsprache am ESM soll in Begleitgesetzen genau geregelt werden. Demnach sollen dem Nationalrat gewisse Informations- und Mitbestimmungsrechte bei Entscheidungen des ESM zukommen. Österreich wird im Gouverneursrat des ESM durch die Finanzministerin vertreten. Diese soll dem Nationalrat in zwei neuen Unterausschüssen zu den Maßnahmen des ESM Rede und Antwort stehen. Zudem soll sie bei Grundsatzentscheidungen im Gouverneursrat nur mit vorheriger Ermächtigung durch den Nationalrat ihre Zustimmung geben können.

Der Verfassungsausschuss des Nationalrats wird sich voraussichtlich Ende Juni mit allen Gesetzesvorlagen zum ESM befassen, danach ist auch noch im Juni die Abstimmung im Nationalrat vorgesehen. Somit könnte der ESM-Vertrag noch vor dem 1. Juli in Österreich ratifiziert werden.

Es geht uns hier nicht um eine Bewertung des ESM oder dessen in der Kritik stehenden Abstimmungsregeln, sondern grundsätzlich um die Frage wie europäische Regelwerke entstehen. Die Europäische Union sind auch wir. Ihre Verträge werden auch von gewählten österreichischen Politikerinnen und Politikern mitgestaltet. In der Eurogruppe geschieht dies durch die Finanzministerin, im Europäischen Rat durch den Bundeskanzler. Verträge zwischen EU-Staaten wie der ESM oder der Fiskalpakt müssen von den Nationalratsabgeordneten ratifiziert werden. In Zukunft soll das Parlament auch das Abstimmungsverhalten Österreichs im Gouverneursrat des ESM mitbestimmen.

Es lohnt sich, den Blick für parlamentarische Prozesse zu schärfen, und die Abgeordneten in die Verantwortung zu nehmen. Europa wird gemacht. Auch in Österreich. Auf meinparlament.at können Sie bei den Macherinnen und Machern nachfragen. In der Regel bekommen Sie auch Antworten. Schauen Sie einfach mal vorbei!

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