Warum Medienagenturen die Medienbranche kaputt machen. Vom Ursprung der Veränderung. Teil 1
Ich hatte vor kurzem das Vergnügen mit Peter Krotky, dem Online-Chef der Presse, über die sich verändernde Medienbranche und Finanzierungsmodelle zu sprechen. Dabei wurde mir klar, die Medienbranche hat ihre Krise nicht alleinverschuldet. Ein Versuch einer Einführung in eine spannende Diskussion. Ich darf einleitend aus dem Interview mit Peter Krotky zitieren, bevor ich den Versuch wage, die Ursprünge der Medienrevolution aufzuspüren:
Medienkrise verursacht durch veraltete Werbeindustrie? Noch keine Geschäftsmodelle gefunden.
Durch das veränderte Nachrichtenkonsumationsverhalten wird es für die Werbebranche schwieriger die Konsumenten mit ihren Werbebotschaften zu erreichen. Man kann es auch umgekehrt sagen: funktionierende Werbung braucht funktionierende Werbeträger und damit funktionierende Medien. Wenn sich diese verändern, wird sich die Werbung mitverändern müssen. Herr Krotky, wird die Medienkrise durch die veraltete Werbeindustrie verstärkt? Verstärkt die Werbewirtschaft die Schwierigkeiten der Journalistenbranche? Wir werden sich die Geschäftsmodelle ändern?
Krotky: Es ist viel über die Krise der Tageszeitungen, ja der Medien und des Journalismus insgesamt zu hören und zu lesen. Aber dieselben Entwicklungen treffen natürlich auch die Werbebranche. Was macht die, wenn ihr die überschaubare Anzahl großer Werbeträger der Vergangenheit abhanden kommt und abgelöst wird von einer beinahe unendlichen Vielfalt an Medien? Wie geht die Branche mit Google um, das sich hier als mächtiger, globaler Player etabliert hat? Wenn sich die Medienlandschaft und der Medienkonsum verändert – und das passiert längst -, dann wird sich auch die Werbelandschaft grundlegend verändern. (…) Ad Veränderung der Geschäftsmodellen: Das Inventar – also die Anzahl der buchbaren Werbekontakte – ist im digitalen Bereich sehr groß. Die Folge sind sinkende Preise für Werbung. Dazu kommt die allgemeine wirtschaftliche Flaute, was natürlich auch die Erlössituation der Medien insgesamt nicht gerade einfacher macht.
Eine mögliche zweite Säule wäre Paid Content. Da erleben wir derzeit gerade ein paar interessante Versuche – einerseits auf den neuen Tablet-Plattformen wie dem iPad, andererseits im klassischen Internet wie etwa die Paywall der britischen Times oder in Österreich das Freemium-Modell bei unseren Kollegen vom Wirtschaftsblatt. Man wird sehen, was die Zukunft hier bringt. Derzeit sieht es meiner Meinung nach aber nicht danach aus, dass mit Paid Content substanzielle Erlöse erzielt werden können.
Faktum ist, dass weltweit nur sehr, sehr wenige Medienunternehmen mit ihren Online-Auftritten profitabel sind. Ich denke, es wird in Zukunft nicht das EINE Geschäftsmodell geben, sondern es wird eine Summe verschiedener Maßnahmen sein, die die wirtschaftliche Tragfähigkeit digitaler Medienunternehmen gewährleistet.
Jedenfalls hat man sich international von der früheren Hoffnung verabschiedet, dass Rückgänge im klassischen Offline-Geschäft in gleicher Höhe durch digitale Erlöse aufgefangen werden können. Das wird so wohl nicht passieren.
(…) Das Geschäftsmodell von Printmedien gerät weltweit zunehmend unter Druck; im digitalen Bereich sind funktionierende Geschäftsmodelle noch nicht gefunden. Letztendlich aber gilt: Der Markt hat immer recht – ob uns das passt oder nicht. Klar ist aber ebenso: Weniger Journalismus kann auch ein Problem für demokratische Gesellschaften werden. (Quelle: www.Medienjournal.at)
Wie kam es zur stillen Medienrevolution? Die neue Dimension – oder was 2.0 ausmacht
Eine der größten Unterschiede zwischen Web 2.0 und dem Web 1.0 ist der Wirkung und die Wichtigkeit von Zusammenarbeit. Diese Zusammenarbeit wird vor allem im Bereich der zwischenmenschlichen Ebene sichtbar. (Evans, 166) Die wahre Revolution passierte allerdings durch die Verschränkung der Digitalisierung der Inhalte und der globalen digitalen Netzwerken. Das Resultat war nicht weniger als ein tektonisches Erdbeben. Der Musikindustrie ist noch immer dabei sich von dieser Revolution zu erholen und darauf einzustellen. Die Video- und Filmindustrie steht vor ähnlichen Herausforderungen. (Evans, 87) Das Internet und die Digitalisierung der Inhalte veränderte nicht nur das Distributionsgeschäft, es ließ einen rentablen Markt für kleine Zuhörergruppen und Nischenmärkte entstehen. Die Kombination von Internet basierter Distribution und Digitalisierung der Inhalte hat ebenfalls fundamental die Art und Weise wie Konsumenten die Wahrnehmung, die Verwendung und das Teilen digitaler Inhalte realisieren.
Die Palette von Entscheidungsfindungen und Aktivitäten hat sich verändert. (Evans, 87) Von einer Marketingperspektive aus kämpfen wir heute nicht mehr länger nur mit unseren wirtschaftlichen Konkurrenten um die Aufmerksamkeit der Kunden. Wir kämpfen direkt mit unseren Konsumenten um eben diese Aufmerksamkeit. Sie sind Mitbewerber am Aufmerksamkeitsmarkt. (Evans, 90). Heute kann man daher nur erfolgreich sein, wenn man die Dialogform wählt. Zu beachten ist dabei, dass eine simple Absendung einer Nachricht keinen Dialog darstellt. Das bedeutet, dass die Kommunikation transparent, authentisch, dynamisch und User orientiert stattfinden muss. Der Kommunikationsweg soll nicht exklusiv, organisiert und kontrolliert „on message“ erfolgen. Kommunikation müsste demzufolge anders gestaltet sein, als die Firmenkultur vieler österreichischer Traditionsfirmen, die bewusst oder unbewusst, dem obersten Primat der Kommunikationskontrolle die Möglichkeiten der Kommunikation nicht voll ausschöpfen.
Teil 2 folgt.
Literaturtipp:
Evans Dave, Social Media Marketing. An Hour A Day. (Indianapolis 2008)
Helge Fahrnberger, http://www.helge.at
Neues Österreichisches Medienjournal.at, www.medienjournal.at
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