Politik-Journalismus: Bitte keine Stehsätze und hohlen Phrasen
Welche Erwartungen haben Politik-Journalisten an PR-Material? In unserer Serie „Wer liest eigentlich Presseaussendungen?“ haben wir Cornelia Ritzer von der Tiroler Tageszeitung gefragt. In der Wiener Redaktion berichtet sie über Innenpolitik und Chronik, dabei vor allem über die juristische Aufarbeitung u. a. der schwarz-blauen Regierungszeit oder andere politische Prozesse.
Wie würden Sie Ihren Arbeitsalltag in ein paar Sätzen beschreiben?
Neben Interviews, Pressekonferenzen, dem Lesen von anderen Medien und Treffen mit Informanten oder Expertinnen gewinnt das Beobachten von Social Media mehr an Bedeutung. Doch wer die Wirkung und Auswirkung von Innenpolitik verstehen will – und das wollen die meisten Innenpolitik-Journalisten – , für den gehört zum Alltag auch das Gespräch mit jenen, die in Vorwahlzeiten in den Fokus gerückt werden: Denn ist ein Streit in einer Partei Thema bei den Wählern an den vielzitierten Stammtischen, oder doch eher eine mögliche Änderung des Demonstrations-Rechtes? Innenpolitik-Journalistin ist man auch nach Feierabend.
Greifen Sie bei Ihrer Themenrecherche auch auf Presseaussendungen von Unternehmen und Institutionen zurück?
Natürlich. Das Lesen von Presse- und OTS-Aussendung gehört ebenfalls zur Routine von (Innenpolitik-)Journalistinnen. Stimmungen in den Parteien oder Kampagnen im Hintergrund lassen sich erkennen, etwa ob und wie die Länder-Organisationen einer Partei ihren Parteichef/ ihre Parteichefin unterstützen – oder eben nicht. Oftmals ist es sogar aufschlussreicher, wer sich zu welchem Thema eben nicht öffentlich positioniert.
Wie muss für Sie eine Presseaussendung aufbereitet sein, damit Sie etwas damit anfangen können?
Im Redaktionsalltag ist die Zeit knapp – deshalb ist die Konzentration auf das Wesentliche, auf die Botschaft, wichtig. Wer statt langer Statements auf klare, kurze Aussagen setzt, hat bessere Chancen, in einem Zeitungsartikel zitiert zu werden. Ähnliches gilt für Stehsätze und hohle Phrasen: Gute Formulierungen übernimmt man mit größerer Wahrscheinlichkeit als den „Schritt in die richtige Richtung“. Eine Empfehlung: Das namentliche Nennen eines Ansprechpartners/ einer Ansprechpartnerin für Nachfragen erleichtert uns das Arbeiten.
Welche Fehler machen Aussender von Presseinformationen häufig?
Eine Presseinformation, die nur aus vorhersehbaren Phrasen besteht, mag für das Archiv von Wert sein, nicht jedoch für die tägliche Redaktionsarbeit.
Was ist ein absolutes No-Go bei PR-Materialien?
Wenn kein Ansprechpartner für Nachfragen genannt wird oder enorme Fotomengen per E-Mail versendet werden.
Wie möchten Sie von Aussendern angesprochen werden, wie nicht?
Die Nennung des akademischen Titels ist für manche durchaus wichtig, meiner Meinung nach unerheblich. Welche Position man im Unternehmen hat, sollte den Aussendern dagegen bekannt sein und kann leicht erfragt werden. Ärgerlich ist es für Kolleginnen mit ungewöhnlichen Namen, wenn sie als „Sehr geehrter Herr“ angeschrieben werden – dasselbe gilt umgekehrt natürlich auch für Kollegen.
Cornelia Ritzer von der Tiroler Tageszeitung. Derzeit in Bildungskarenz und studiert Jus – idealerweise rechtzeitig vor dem Start des facettenreichen Buwog-Gerichtsprozesses.
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