Digitaljournalismus: User werden immer anspruchsvoller
Daten verändern den Journalismus. Das intelligente Auswerten von Daten über die User und deren Verhalten und Vorlieben bietet neue Chancen für heutige Medien. Florian Jungnikl-Gossy ist Head of International Audience Development beim „Standard“. Im Interview spricht er über den Einfluss von Technologie und intelligenter Datenauswertung auf die Erstellung relevanter Inhalte.
Wie würden Sie Ihren Job in ein paar wenigen Sätzen beschreiben?
Ich kümmere mich beim „Standard“ darum, die Zahl der internationalen User auf der Website zu erhöhen.
Das intelligente Auswerten von Daten über User und deren Verhalten bietet große Chancen für die heutigen Medien. Wie helfen Daten heute bei der Content-Erstellung und welche Gefahren sehen Sie für den User als Privatperson?
Grundsätzlich will ich zwei Sachen unterscheiden: die Nutzung von kumulierten und userbezogenen Daten. Bei Reichweitenportalen spielt der Traffic natürlich eine Rolle – Werbeeinnahmen bezahlen die Rechnungen. Als Qualitätsmedium gehen wir hier aber besonders behutsam vor. Das kann man auch daran sehen, dass wir intern unseren Erfolg an der Verweilzeit messen. Je länger sich die Userinnen und User mit unseren Inhalten beschäftigen, desto besser für uns. Gleichzeitig verweilen die User auf anspruchsvollen Artikeln länger. Bei der Verwendung von userbezogenen Daten stehen wir noch viel stärker in der Verantwortung. Wie man bei Facebook sieht, ist der Weg von userbezogenen Algorithmen zu Filterblasen ein kurzer. Dem versuchen wir mit unserem Journalismus so gut es geht entgegenzuwirken. Gleichzeitig spricht aber nichts dagegen, sich zu überlegen, was für userbezogene Features es auf unserer Website geben sollte, die es einfacher machen, unseren Journalismus zu konsumieren oder mit den Inhalten zu interagieren, etwa als Poster. Ein Beispiel dafür wären etwa custom notifications.
Wie muss Content in Zukunft aufbereitet werden, um weiterhin Aufmerksamkeit zu erzeugen und relevant zu sein?
Am meisten Aufmerksamkeit bringen noch immer überraschende Neuigkeiten oder Ereignisse von hoher Relevanz, etwa Wahlen. Schon seit langer Zeit ist online unser zentrales Element in der Wahltagsberichterstattung der Liveticker. Mit dem Format machen wir in den unterschiedlichsten Ressorts überaus positive Erfahrungen. Da haben wir uns auch einen eigenen Namen gemacht, das geht neben der Politik vom Song Contest bis zum Fußballspiel, alles „STANDARD-like“. Das heißt, dass Inhalt einzigartig sein muss, um sich abzuheben – die User honorieren das. Neben solchen speziellen Formaten geht der Trend in die Richtung, dass die User immer anspruchsvoller werden. Das reicht von interaktiven Grafiken bis zur Qualität von Videos. Es reicht nicht mehr, diese Dinge einfach nur zu haben, sondern sie müssen sehr gut gemacht sein.
Ein Ausblick: Augmented und Virtual Reality sind in aller Munde. Werden diese Technologien die Kommunikationsbranchen die kommenden Jahre besonders prägen?
Ich bin vollkommen davon überzeugt, dass diese beiden Technologien unser ganzes Leben, nicht nur die Kommunikationsbranche, auf den Kopf stellen werden. Achim Berg, der damalige Chef von Microsoft-Deutschland, sagte einmal: „Innovationen werden anfangs maßlos überschätzt, auf Dauer aber maßlos unterschätzt.“ Das ist genau so ein Fall. Der proof of concept liegt schon länger zurück und trotzdem sieht man in Publikumsmedien noch immer nur Experimente, die Washington Post hat nun zumindest als erstes Medium eine eigene Sektion für AR (Augmented Reality) gebildet. Wenn man sieht, was in anderen Bereichen schon passiert, etwa im Gaming, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir Videocalls und Konferenzen nicht mehr über einen Bildschirm, sondern über Augmented Reality oder Virtual Reality abhalten werden. Wenn sich die Arbeitswelt und der Entertainment-Sektor verändern, wird die Medienbranche nachziehen müssen.
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