Neue beste Freunde? Die Rolle von Chatbots für Kommunikation und Information
Chatbots sind virtuelle Assistenten, die vor allem auf Messaging-Plattformen wie Facebook-Messenger, Kik oder WeChat zum Einsatz kommen. Vom Beantworten einfacher Fragen, Wettercheck oder Ticketbuchen über automatisiertes Customer Service bis hin zu personalisierten Newsangeboten – die intelligenten Programme versprechen ein intuitives, individualisiertes Anwendererlebnis und kurze Reaktionszeiten. Auch wenn die Bots noch in den Kinderschuhen stecken, entwickeln sie sich durch lernende Algorithmen selbst weiter und sollen künftig auch Informationen untereinander teilen. Unternehmen und Medienhäuser experimentieren bereits mit diesem Format. Über Möglichkeiten und Herausforderungen diskutierten am 30. November 2016 Experten im Rahmen der Veranstaltungsreihe #otsconnect.
Anwendungsfälle für Chatbots klar abgrenzen
Bernhard Hauser, CEO oratio und Veranstalter der ChatbotConf2016, sieht Wien als „Chatbot-Speerpitze in Europa“. Er führte den aktuellen Hype um Chatbots darauf zurück, dass nunmehr einige der Plattform-Giganten aus dem Silicon Valley, wie Facebook oder Amazon, massiv in diese Technologieform investieren. Mögliche Anwendungsfälle gäbe es sehr viele: „Alles was dialogbasiert funktionieren kann, ist wie aufgelegt für Bots“, erläuterte Hauser und meinte weiter: „Aber Bots müssen für bestimmte, klar abgegrenzte Anwendungsfälle konzipiert werden, um gut zu funktionieren – ein zu großes Aufgabenspektrum übersteigt die derzeitigen Möglichkeiten. Nur weil etwas antwortet, ist es nicht per se intelligent“, steckte der Experte die Grenzen der Anwendbarkeit ab.
Datenschutz und mündige User
„Wenn Chatbots Kommunikationsprozesse nicht erleichtern, dann steigen User schnell wieder auf herkömmliche Interaktionsformen um“, schloss sich Cliff Kapatais, Produkt- und Business-Development der Chatbot Agency, an. Es gäbe durchaus auch Gefahren zu berücksichtigen. „Die Daten landen auch bei den Messenger-Plattformen, auf denen Bots betrieben werden. Was diese damit machen, können wir nicht kontrollieren“, erklärte Kapatais. Es brauche vor allem mündige Anwender: „Man muss den Leuten klar machen, um was es bei einem Bot geht.“
Messenger-Bots auch für Medien interessant
Für Harald Mayer, Leiter Digital Services und Media Relations von APA-OTS und Chief Digital Officer der APA-Gruppe, sind Chatbots für Medien aus zweierlei Gründen interessant. „Einerseits sind diese ein weiterer Publishing-Kanal, um dort zu sein, wo auch die Nutzer sind – und das sind derzeit Chatplattformen. Andererseits bieten sich damit Chancen im Sourcing von User-Informationen.“ Mayer sprach von einem „großen Potenzial für Nachrichtenkonsum und -distribution“. Übrigens – das hier ist unser Messenger-Bot – in der Testversion. Probieren Sie ihn doch gleich mal aus.
Ein weiterer redaktioneller Chatbot-Case ist der jüngst gelaunchte Wahlbot des ORF zur Bundespräsidentenwahl in Österreich.
Storytelling mit Chatbots
Michael Leitner, Technologieredakteur bei futurezone.at/Kurier, ergänzte die Einsatzgebiete um Storytelling: „Messenger sind besonders gut geeignet, um Geschichten zu erzählen. Push-Alerts der neuesten Meldungen allein sind nicht innovativ, es braucht eine neue Art des Journalismus.“ Der Kurier ist auch eines jener Medien, dem Unterstützung durch Google Digital News Initiative (DNI) für Innovationen im Datenjournalismus zufließt. Dafür soll eine plattformunabhängige Lösung für Chatbots und neue Contentformate für den Messenger entwickelt werden. „Derzeit liegt unser Fokus darauf, die einzelnen Plattformen zu verstehen und auszuprobieren, was geht und was nicht. Dann werden wir uns verstärkt den Bedürfnissen der User widmen.“ Leitner zeichnete das Szenario, dass künstliche Intelligenzen den Usern künftig als zentrale Anlaufstellen dienen, d.h. Siri oder Cortana bedienen sich dann der unterschiedlichen Chatbots für die entsprechenden Fragestellungen und liefern zentral die Antworten aus.
Ein Trend, der erst am Anfang steht
Die Entwicklung von Chatbots stehe noch ganz am Anfang und berge noch einiges an Überraschungen, so der Tenor. Eine noch offene, aber entscheidende Frage für die zukünftige Entwicklung seien z.B. Payment-Lösungen. Chatbots müssten ebenso in der Lage sein, Kaufentscheidungen abzuwickeln, um eine durchgängige User Experience zu ermöglichen. Auch die Frage nach der Persönlichkeit künstlicher Intelligenzen und deren Einfluss auf Wahrnehmung und Meinungsbildung ist noch längst nicht beantwortet. Vielleicht fragen wir ja mal den Bot?
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