Wer bezahlte Breiviks Werbewert-Millionen?
Das Thema ist entsetzlich. Aber es zeigt einen neuralgisch wunden Punkt unserer freien Medien, ihrem Selbstverständnis und ihrer Wirkungsmacht. Wund deshalb, weil er zuwenig bewusst ist. Machern wie Konsumenten.
Jeder PR-Profi ist es gewohnt, sein Wirken auch mit Werbewertanalysen evaluieren zu lassen. Ein Verständnis, das die Marketingabteilungen von Medien teilen. Die Redaktionen meistens nicht. Gottseidank nicht. Einerseits. Andererseits verkennen nach wie vor viele redliche Journalisten die wirklichkeitsstiftende Macht ihrer Bühne und damit den simplen „Werbewert“ ihrer Schreibe. Wem das zuwider läuft, hier von Geld zu reden, für den soll von „gesellschaftsrelevanter Gestaltungsenergie“ gesprochen werden. Denn dafür leistet ja in Wahrheit jeder Journalist seine Überstunden, wenn in ihm noch etwas „brennt“: für seine Glaubensflamme, dass eine Freie Presse die Gesellschaft der Wahrheit ein Stück näher bringt und sie damit besser macht.
Hier gehts ans Eingemachte der Medienmache: Mit welchen Themen bedienen wir das geschätzte Publikum, damit es möglichst zahlreich zugreift? Lassen wir vom Traumpaar „Sex & Crime“ den Sex einmal beiseite, bleiben die Ängste. Und das Monströse hat schon immer fasziniert. Vielleicht sogar auf eine heilsame Weise.
Ein flaues Gefühl beschlich im Fall Breivik aber bereits von Beginn an jeden aufrechten Journalisten, der sich dem Fall widmete. Denn Breivik „kaufte“ sich seinen Werbewert schlicht und einfach mit 77 Menschenleben. Dass darüber berichtet werden muss, schien einerseits klar. Andererseits gab es sofort Kopfweh. So warnte der Deutsche Journalistenverband vor der „PR Strategie“ Breiviks und forderte eine „zurückhaltende Berichterstattung“. Das bisschen Kopfweh war schnell verflogen. Und es spottet die öffentliche Inszenierung (oder eben Nichtinszenierung) dieses Prozesses jedem Medienverständnis.
Nicht nur, dass Breivik auf seiner medialen Bühne gestattet wurde, seine freien Hände gleich zu Beginn zum Nazi-Gruß zu erheben, was Harvard Nilsen Friies von der norwegischen Tageszeitung Aftenposten wütend kommentierte: „Es wäre nicht zu viel verlangt gewesen, ihm Handschellen anzulegen, um allen zu verdeutlichen, wie gefährlich er ist.“ Es ist die gesamte, naiv-öffentliche „Übertragung“ des Prozesses, die jedes rhetorische Grundverständnis vermissen lässt. Dass man sich nämlich auf einer Bühne vor Massen gefälligst anders zu verhalten hat als abseits dieser Bühne. So etwas nennt sich „wirkungsbewusst“. Weil sonst nicht erwünschte und nicht verantwortbare Nebenwirkungen im Publikum erzielt werden, über die jeder PR-Stratege, jeder Rhetoriker und jeder Regisseur hinlänglich gut Bescheid wissen. Der Platz im Scheinwerferlicht ist nun einmal ein besonderer. Er ist viel wert. Das heißt hochenergetisch. Um das nochmals für alle Geister auf den Punkt zu bringen.
Breivik hat sich diesen Platz einfach nicht „verdient“. Natürlich muss darüber berichtet werden. Aber nicht, indem wir diesem Menschen naiv die Bühne überlassen, ohne jede wirkungsbewusste Regieführung (wie sie etwa im Eichmannprozess in Jerusalem gelang). Die gut gemeinte Entscheidung des Gerichts in Oslo für „maximale Öffentlichkeit“ ignoriert grundlegende mediale Wirkungsmechanismen. Sie ist daher ein völlig falsches Verständnis von Pressefreiheit.
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