Datenschutz vs. Marketing?
„Datenschutz ade? Konsumenten im Visier der Zielgruppen-Jäger“ war das Thema der Veranstaltung der Reihe E-Business-Community (EBC) letzten Donnerstag im Haus der Musik. Datenschutz ist in der langjährigen EBC-Geschichte (seit 8 Jahren schon diskutieren die Expertinnen und Experten monatlich!) ein immer wiederkehrendes Thema – wahr ist, dass für viele Fragestellungen nach wie vor keine befriedigenden Lösungen gefunden wurden. Die Eckpfeiler, zwischen denen das Thema aufgespannt wird: Technisch ist bekanntermaßen fast alles möglich.
Die Wirtschaft hat – verkürzt dargestellt – das Interesse, Menschen immer genauer geographisch, nach Interessen, Alter, Kaufkraft, Familienstand, Musikgeschmack, … (Liste beliebig erweiterbar) mit ihren Marketing-Botschaften zu adressieren. Der Staat besitzt naturgemäß viele Daten über seine Bürgerinnen und Bürger, sammelt u.a. mit Videokameras immer mehr, und wir hoffen oder verlassen uns darauf, dass er sorgsam damit umgeht.
Und die Adressierten, Anvisierten, die „Zielgruppe“? Der „gläserne“ User ist längst Wirklichkeit, viele wissen jedoch gar nicht, welche Informationen sie schon beim einfachen Surfen im Internet preisgeben, waren sich die Fachleute am EBC-Podium einig. Internet-Experte Walter Karban zeigte beispielsweise vor, dass auf praktisch allen Internet-Seiten im Hintergrund Analyse-Tools laufen, die sämtliche Aktionen der User bis hin zu den getippten Tasten mitprotokollieren. (Mit diesem kostenlosen Firefox-Add-on werden die Programme sichtbar.) TU-Graz-Professor Hermann Maurer, einer der kritischsten Experten auf dem Gebiet, machte insbesondere auf die problematische Stellung von Google aufmerksam: Das am weitesten verbreitete dieser Analyse-Tools stammt von dem Online-Riesen. In Kombination mit den vielen anderen bekannten Diensten, von Gmail über Google Maps bis hin natürlich zur „einfachen“ Suchmaschine, wird hier eine unvorstellbare Menge an Daten über vermutlich jede/n von uns gesammelt, in die wir aber weder Einsicht haben und schon gar nicht wissen, was damit passiert.
Erfreulicherweise habe ich bei der Veranstaltung den Eindruck gehabt, dass sich das Schwarz/weiß-Denken „Wirtschaft gegen Konsumenten“ aufzulösen beginnt. Es wird in Alternativen gedacht und diskutiert, auch von Seiten der Firmenvertreter: Möglich seinen etwa Server, auf denen Personenprofile von einer vertrauenswürdigen Stelle anonymisiert gespeichert werden und nicht mehr weitergegeben werden; oder auch verschiedene Profile für die gleiche Person zum Auswählen in einem Browser, je nachdem, ob ich mich gerade beruflich, privat, zu Gesundheitsthemen, am Finanzamt oder sonstwo im Internet bewege. Eines wird jedenfalls entscheidend sein: Die Lösung wird so simpel und selbsterklärend sein müssen wie der Einstieg ins Internet selbst, um von der breiten Masse angenommen zu werden. Wenn sich zusätzlich auf allen Seiten das Bewusstsein durchsetzt, dass die Unternehmen auf Dauer gesehen ihre Zielgruppen nicht austricksen können, um an Daten zu kommen, dass aber auch Konsumentinnen und Konsumenten davon profitieren können, wenn sie – freiwillig – Informationen über ihre Interessen und Gewohnheiten verraten, bin ich zuversichtlich und gespannt auf neue Lösungen, die wir auf dem EBC-Podium in den nächsten Jahren kennen lernen werden.
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