OTSconnect – die erste: free flow of international information im Radiokulturhaus
Gestern war es wieder soweit und wir konnten uns wie gewohnt im Studio 3 des ORF-Funkhauses einem spannenden Thema widmen: Auslandskorrespondenten in Österreich – und wie sie über das Bild Österreichs in der Welt bestimmen.
Als Diskussionsteilnehmer konnten wir Susanne Glass, Korrespondentin des Ersten Deutschen Fernsehens (ARD) und Präsidentin des Verbandes der Auslandspresse, Ambros Kindel, Leiter der Außenpolitik der APA – Austria Presse Agentur, Michael Shields, Büroleiter Thomson Reuters in Wien und Charles E. Ritterband, Österreich-Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), gewinnen.
Die Fragen lagen auf der Hand: was wird über Österreich berichtet – abseits von Opernball, Mozartkugel, Salzburger Festspielen und Operettenglückseligkeit? Hier die Antworten: Charles Ritterband (seit 2001 als Korrespondent für die Neue Zürcher Zeitung in Wien) trifft die Themenauswahl selbst – die Redaktion in Zürich nimmt seine Vorschläge bzw. Beiträge zu 100 % an, die er vor allem über Innenpolitik, EU–Politik, Energie und Kultur recherchiert und schreibt. Im Gegensatz dazu muss sich seine Kollegin Susanne Glass, seit mehr als 10 Jahren in Österreich für die ARD tätig und seit 2006 Präsidentin des Verbands der Auslandspresse in Österreich, mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland auseinandersetzen, was die Themenwahl betrifft – zu 50 % kann sie aber ihre Vorschläge durchbringen. Sehr deutliche Gewichtung bei Thomson Reuters: Michael Shields, seit Dezember 2010 Chief Correspondent in Wien, der eine Mannschaft von 3 Personen einsetzen kann, stellte klipp & klar fest: die Top 5 Unternehmen in Österreich werden betreut, kleine Unternehmen kommen gar nicht vor. Wichtig sind für Thomson Reuters auch die Rolle Österreichs in der EU und die Bedeutung der österreichischen Banken für die Wirtschaft in Zentral- und Osteuropa. Eine Person widmet sich zur Gänze der Berichterstattung über die Tätigkeit der International Atomic Energy Agency (wir vergessen oft, dass Wien der Sitz solcher Organisationen ist – aber was liest man schon darüber in den österreichischen Medien?) Im Krisenfall werden Thomson Reuters Büros in Deutschland alarmiert, damit die Mannschaft in Wien sofort verstärkt werden kann – angesichts der Krisenherde im Nahen und Mittleren Osten kein unwahrscheinliches Szenario.
Wesentlich für alle ist die Vernetzung – bei der der APA eine zentrale Rolle zukommt: Ambros Kindel stellte die Wichtigkeit des Austausches in den Vordergrund; nur so könne man Ereignissen die angemessene Relation zukommen lassen, außerdem ist es natürlich nicht unwesentlich, wie österreichische Vorkommnisse ins Ausland getragen werden – diese beeinflussen sehr stark unser Image in der Welt.
Weitere Themen waren, ob man als Auslandskorrespondent Klischees bedient oder Klischees bewusst entlarvt (ja), die Frage nach dem Netzwerk-Aufbau, nach social networks, Filterung von Informationen und dem Handwerkzeug der gestandenen Journalisten-Profis; hier waren alle einhellig – der Tagesablauf startet mit dem Morgenjournal, dann werden die wesentlichen Tageszeitungen nach headlines gescannt, Teletext oder CNN laufen nebenher und dann entstehen Themen, über die dann recherchiert und berichtet wird.
Angesprochen auf kulturelle Unterschiede haben alle Österreich als sehr angenehmen Standort eingestuft. Der Netzwerkaufbau und die –pflege sind in Österreich allerdings langwierige Prozeduren und nicht ganz einfach – es dauert lange, bis man österreichische Mechanismen und Gepflogenheiten durchschaut.
Abschließend waren sich alle über die Notwendigkeit von Auslandskorrespondenten und der Qualität in der Berichterstattung einig: vor Ort ist man einfach nah dran, kann besser und schneller recherchieren, berichten und die „Innenperspektive“ eines Landes bestmöglich ins Ausland übersetzen, was einen unschätzbaren Wert auch für die gegenseitige Verständigung hat. Vor allem die jetzige Krise in der arabischen Welt zeigt auf, wie wichtig gute und verlässliche Quellen sind.
User generated content oder social networks können das Qualitätssiegel eines anerkannten Mediums nicht ersetzen, sind aber wesentliche Faktoren in der Informationsverbreitung geworden – der Rechercheaufwand ist allerdings für alle viel zu hoch, um Informationen aus facebook & Co auf Wahrheitsgehalt zu überprüfen – „da sehe ich lieber in die APA, um zu wissen, was läuft“ – so der O-Ton.
Hier gibt’s auch O-Töne: der Link zum Nachhören der OTSconnect:
http://tvserver.ots.at/Blog/20110302_otsconnect.mp3
Alles in allem ein feiner und spannender Auftakt in das OTSconnect–Jahr; Themenvorschläge sind wie immer herzlich willkommen und das Datum für die nächste steht schon fest:
bitte den 18. Mai eintragen – und: bleiben Sie connected 😉
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