13.10.2010 | 10:24 AM | Kategorie:
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Kundenzufriedenheitsmessung in der Finanzwirtschaft

Am 12. Oktober fand gemeinsam mit dem Finanzmarketingverband Österreich FMVÖ und VMÖ eine Kooperationsveranstaltung zum Thema „Hört die Finanzwirtschaft ausreichend auf die Stimme der Kunden?“ statt. Ich durfte ein Impulsreferat zu Marktforschungsmethoden halten, die zukünftig in diesem Bereich an Relevanz gewinnen werden. Die Inhalte sind hier kurz zusammenfasst.

Der präsentierte Net-Promotor-Score (NPS) kann meiner Meinung nach – auf Grund von methodischen Einschränkungen – nur ein erster Indikator bzw. Startpunkt sein, um die Zufriedenheit und Loyalität von Kunden mit ihren Finanzdienstleistern zu erheben. In die Tiefe gehende Befragungen, die die Menschen in ihrer Gesamtheit beachten, das bedeutet ihren Einstellungen, Wünschen, Ängsten und Hoffnungen, müssen konkrete Ergebnisse bringen, die auch in der Praxis umsetzbar sind. Zusätzlich werden Befragungen überall dort gezielt eingesetzt, wo Touchpoints, wie beispielsweise persönliche Beratungen, Medien, Onlinebanking und Mobilkommunikation, zu den Kunden gegeben sind.

Qualitative Methoden können dabei unterstützen. Als eine Ausprägung davon möchte ich Testberatungen bzw. sogenannte „Mystery“-Erhebungen erwähnen, in denen sich geschulte Interviewer zu einem bestimmten Thema unerkannt beraten lassen. Die Erlebnisse dieser Beratungsgespräche, unmittelbar nach dem Gespräch dokumentiert, können wertvolles Feedback für den Beratungsprozess geben.

Zunehmend wichtiger wird auch der Bereich der Anlegerpsychologie bzw. der Behavioural Finance, der aufzeigt, welchen Entscheidungstendenzen bzw. Biases Menschen in der Beratungssituation unterliegen. Neben den Parametern Risiko und Ertrag ist es oftmals die Transparenz, welche den entscheidenden Kaufimpuls gibt. Anleger bevorzugen Produkte, die sie verstehen. Berater sollten daher die Entscheidungsstrategien ihrer Kunden kennen, um unnötiges Anlagerisiko zu vermeiden, Stornoquoten zu senken und letztlich Vertrauen zu schaffen.

Social Media Mining ist ein weiterer Weg, um die Zufriedenheit der Kunden zu eruieren. Postings ausgewählter Foren und Blogs werden inhaltsanalytisch ausgewertet, um rasch auf Imageschwankungen reagieren zu können. Selbst kann man dies in einem ersten Versuch mit Google Insights for Search an Hand von ausgewählten Stichworten ausprobieren. Professionelle Webmining-Werkzeuge bieten mittlerweile zahlreiche Marktforschungs-Institute an.

Data Mining und Predictive Analytics ist aus meiner Sicht ein weiterer Trend, der zukünftig stärkere Relevanz haben wird. Dabei werden nicht nur Verhaltensdaten wie z.B. Transaktionsdaten mit komplexen statistischen Verfahren analysiert, sondern auch mit Einstellungsdaten aus Kundenzufriedenheitsstudien verknüpft. Das Ganze passiert auf aggregiertem, anonymisiertem Niveau. Personenbezogene Verknüpfungen ohne vorherige Einwilligung der Befragten verstoßen gegen bestehende Berufsstandards und ethische Regeln und untergraben das Vertrauen der Kunden.

Mobile Marketing und Mobile Marktforschung werden ebenfalls wichtiger, da sich die Kunden zunehmend zu Multi-Screen Usern entwickeln, die oftmals TV, PC und Mobiltelefon in ein und derselben Situation in Verwendung haben. Mobile Marktforschung hilft dabei, ohne Medienbruch, Mobile Marketing-Kampagnen, wie z.B. SMS-Informationen, zu evaluieren.
Das Thema Sicherheit und Datenschutz ist nach wie vor ein wesentliches, welches nicht zuletzt durch Phishing-Attacken von Hackern präsent ist. Hier ist die Aufgabe des Marketings eine kundengerechte Kommunikation zu gestalten. Auch hierbei kann Marktforschung unterstützen.

Zusammenfassend halte ich fest, dass es kein einfaches Kochrezept gibt, Kundenzufriedenheitsstudien durchzuführen. Die bekannte Regel gilt nach wie vor: Für die jeweilige Problemstellung ist es Aufgabe des Forschers, das geeignetste Testdesign auszuwählen. Noch wichtiger wird es in Zukunft werden, die Einstellungen und Bedürfnisse der Kunden mit ihren komplexen Lebensstilen ehrlich besser verstehen zu wollen, denn letztlich sollte der Kunde im Mittelpunkt stehen und nicht die Methode.

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